Verteidiger für Minderjährige

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat am 5. September 2024 in der Rechtssache C-603/22 eine wichtige Entscheidung zum Schutz minderjähriger Verdächtiger in Strafverfahren getroffen. Das Urteil unterstreicht die besondere Schutzbedürftigkeit Jugendlicher im Strafprozess und stärkt ihre Rechte erheblich.

Minderjährige befinden sich aufgrund ihres Alters und ihrer geringeren Lebenserfahrung häufig in einer verletzlichen Position gegenüber den Strafverfolgungsbehörden. Sie können die Tragweite ihrer Handlungen und Aussagen häufig nicht vollständig erfassen und sind mit der komplexen Rechtslage überfordert. Daher bedürfen sie eines besonderen Schutzes, um ihre Rechte angemessen wahrnehmen zu können.

Kernpunkte der EuGH-Entscheidung

Der EuGH hat in seinem Urteil folgende zentrale Aspekte hervorgehoben:

  • Minderjährige müssen die effektive Möglichkeit haben, sich von einem Rechtsbeistand unterstützen zu lassen.
  • Eine verständliche Belehrung über die Verfahrensrechte muss spätestens vor der ersten Befragung erfolgen.
  • Ein für Erwachsene konzipiertes Standarddokument ist für die Belehrung nicht ausreichend.
  • Spätestens bei der polizeilichen Befragung muss ein Rechtsbeistand anwesend sein.
  • Ohne tatsächlichen Zugang zu einem Rechtsbeistand dürfen Minderjährige nicht befragt werden.
  • Diese Rechte können auch nach Erreichen der Volljährigkeit fortbestehen, abhängig von Reifegrad und Schutzbedürftigkeit.

Beweisverwertung und richterliche Prüfung

Der EuGH betont, dass es den nationalen Gerichten obliegt, die Wahrung der Grundrechte zu überprüfen und entsprechende Konsequenzen zu ziehen. Dabei müssen sie insbesondere den Beweiswert von Aussagen klären, die möglicherweise unter Verletzung der Verfahrensrechte zustande gekommen sind. Eine zwingende Unzulässigkeit solcher Beweise sähe das Unionsrecht jedoch nicht vor.

Diese Entscheidung stärkt die Position minderjähriger Verdächtiger im Strafverfahren erheblich und verpflichtet die Mitgliedstaaten zu einem besonders sorgfältigen Umgang mit den Rechten jugendlicher Beschuldigter.

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